Unser jährlicher Büroausflug führte uns dieses Jahr in die niederländische Hauptstadt Amsterdam; Entgegen unserer „Anfang-September-Tradition“ jedoch erst Mitte Oktober – was sich als Glücksgriff erwies, war das Wetter Anfang September doch nicht ganz so schön wie an diesem Oktober-Wochenende.
Mit dem Zug ging es also am 13.10. morgens los. Die ca. 4-stündige Zugfahrt verbrachten wir mit dem obligatorischen Berg-Büroausflug-Standard-Spätstück mit belegten Brötchen, Saft und Sekt sowie netten Gesprächen unter gut gelaunten Kollegen.
Gut gelaunt kamen wir gegen Mittag in Amsterdam an. Nach einem kurzen Fußmarsch zum Westermarkt konnten wir uns in einem Pannenkoekenhuis erstmal von der anstrengenden Reise ausruhen und mit leckeren Pannenkoeken und Poffertjes stärken. Nach dem Mittagessen hatte dann jeder erst einmal Zeit zur freien Verfügung und Verdauung. Einige nutzten dies zu einem kleinen Spaziergang, andere zur Inkorporation eines örtlich hergestellten Gebräus, wieder andere taten erst das eine und dann das andere. Anschließend stand eine 1-stündige Grachtenfahrt auf dem Programm.
Amsterdam trägt nicht umsonst den Beinamen „Venedig des Nordens”: besitzt sie doch ein dichtes Netz an Wasserwegen mit insgesamt über 100 Kilometern Länge. Dass da eine Grachtenfahrt nicht fehlen darf, steht wohl außer Frage. Diese Rundfahrten bieten einzigartige Ausblicke aus einer besonderen Perspektive auf jahrhundertealte Architektur, bezaubernde Grachtenhäuser und Baudenkmäler. Ausgestattet mit Audioguides schlängelten wir uns mit den anderen Booten langsam durch die Grachten. Schnell war klar: In Amsterdam City ist eigentlich jedes Haus entlang des Grachtengürtels eine Sehenswürdigkeit an sich!
Da man früher die Zölle nach der Hausbreite berechnete, ist die Amsterdamer Architektur von extrem schmalen, dafür aber sehr hohen Häusern geprägt. Wegen des feuchten, sandigen Untergrunds baute man die Häuser früher außerdem auf Holzpfählen, die mit der Zeit langsam vermodern. Und so stehen heute nicht wenige historische Häuser tatsächlich schief. Hinzu kommt, dass man auch noch heute sperrige Gegenstände von außen über einen Flaschenzug durch die Fenster rein befördert. Dafür befinden sich an den Giebeln der Häuser vorstehende Balken. Zusätzlich sind viele Fassaden leicht nach vorne geneigt – was zu einem komplett verzerrten Stadtbild führt. Das schmalste Haus steht übringens am Singel 7.
Highlights unserer Grachtenrundfahrt waren die Keizersgracht, die Prinsengracht und die Herengracht. Zwischen der Keizer- und der Prinsengracht befindet sich auch die Magere Brug (“Schmale Brücke”). Sie ist eine der wenigen noch erhaltenen hölzernen sogenannten Holländerbrücken mit ihrem hoch angebrachten Gegengewicht.
Im Oosterdok gibt es darüber hinaus das Wissenschaftsmuseum NEMO zu bestaunen. Wie ein riesiges grünes Schiff liegt das Gebäude im Hafen. Entworfen hat das Gebäude der italienische Architekt Renzo Piano, der auch das Centre Pompidou in Paris gebaut hat.
Nach der einstündigen Tour durch das UNESCO-Weltkulturerbe der Amsterdamer Grachten trat eine handvoll Kollegen leider schon wieder die Rückfahrt nach Aachen an. Alle anderen machten sich auf den Weg ins ca. 19 km entfernte Haarlem.
Haarlem entstand ursprünglich als römische Siedlung und erhielt 1245 vom Grafen Wilhelm II. von Holland Stadtrechte. Von da an entwickelte Haarlem sich zu einer der wichtigsten Städte Hollands. Im Achtzigjährigen Krieg kämpfte man in Haarlem vehement gegen die spanische Belagerung. Nachdem Wilhelm von Oranien die Stadt unter seiner Obhut hatte, zogen viele Flamen in die Stadt. Deren Einflüsse sind bis heute sichtbar. Im Goldenen Zeitalter diente Haarlem vielen wohlhabenden und einflussreichen Persönlichkeiten als Wohn- und Aufenthaltsort. Als Stadt mit den zweitmeisten denkmalgeschützten Gebäuden der Niederlande zählt Haarlem über 4.000 Gebäude, die unter staatlichem oder kommunalem Denkmalschutz stehen – bekannt und sehenswert ist z.B. der Jugendstil-Bahnhof in Haarlem.
Haarlem hat darüber hinaus viele Pioniere hervorgebracht. Das Standbild von Laurens Janszoon Coster auf dem Grote Markt-Platz ehrt den Erfinder des Buchdrucks. Anthony Fokker umrundete mit seinem ersten Flugzeug Fokker Spin die Kirche Grote of St. Bavokerk. Die erste Eisenbahnlinie der Niederlande führte von Amsterdam nach Haarlem. Die weltweit älteste, noch erscheinende Zeitung ist das Haarlems Dagblad.
Nach einem Spaziergang vom beeindruckenden Bahnhof durch das idyllische Zentrum von Haarlem zu unserem Hotel, einer kurzen Verschnaufpause auf dem Zimmer und einem leckeren Abendessen im Hotel, machten wir uns auf, die Kneipenszene von Haarlem zu erkunden, was sich als sehr lohnenswert herausstellte. Neben diversen netten Microbrasserien mit selbstgebrautem Bier (z.B. Het Uiltje), gibt es dort u.a. auch eine zur Brasserie und Bar umgebaute Kirche (Jopen), wo zwei Haarlemer Biere nach Originalrezept gebraut werden. Spätestens jetzt bedauerte niemand mehr, dass die Hotels in Amsterdam alle ausgebucht gewesen waren.
Bei einem solch reichhaltigen Angebot an interessanten und ungewöhnlichen Locations wundert es nicht, dass einige am nächsten Morgen recht verschlafen zum Frühstück erschienen. Frischer Kaffee, ein leckeres Frühstück und das schöne Wetter vertrieben die Müdigkeit aber schnell und so machten wir uns wieder auf den Weg. Die Kulturhungrigen zog es zurück nach Amsterdam ins Rijksmuseum, wo wir eine 2-stündige Führung gebucht hatten.
Im Rijksmuseum erwartete uns die sehr lebendige und von ihrem Fach sichtlich begeisterte Kunsthistorikerin Wilma van Asseldonk. Wilma führte uns in den nächsten zwei Stunden zu einigen ausgewählten niederländischen und italienischen Malereien und zeigte uns asiatische Skulpturen des 14. Jahrhunderts. Besonders beeindruckten uns die Malerei „Die Nachtwache“ des bekannten niederländischen Barock Malers Rembrandt und die beiden von Johannes Vermeer gemalten Genreszenen „Dienstmagd mit Milchkrug“und „Briefleserin in Blau“. Auch der eine oder andere Querverweis auf unsere Profession blieb während der Führung nicht aus. So zeigt eine Ölmalerei von Piero di Cosima aus dem 15. Jahrhundert das Porträt eines Baumeisters und seines Vaters. Insgesamt haben wir einen äußerst kurzweiligen und inspirierenden Besuch im Rijksmuseum erlebt.
Die zweite Gruppe hatte eigentlich vorgehabt, das Wissenschaftsmuseum NEMO zu besuchen, entschied sich aber ob des schönen Wetters spontan für einen Strandspaziergang bei Zaandvoort an Zee. Von Haarlem aus ist das Meer mit dem Bus nur rund 15 Minuten entfernt. Kein Wunder also, dass der Strand bei diesem schönen Wetter recht bevölkert war. Vor allem viele bunte Kitesurfer bestimmten das Bild.
Um 16h30 war es dann leider schon wieder Zeit, gesammelt die Heimfahrt antreten. Gerne wären wir noch ein bisschen geblieben, gibt es doch in Amsterdam und Umgebung so viel zu entdecken.
Impressionen
Fotogalerie steht nicht mehr zur Verfügung.